Die heilsame Kraft des Zuhörens • zweiter Teil
- J. L.

- 14. Dez.
- 1 Min. Lesezeit

Folgende Worte mögen banal klingen: Jemand liest mir etwas vor.
Doch geschieht es, ist es alles andere als banal, weil es sich wie eine kleine Pause vom Ich anfühlt.
Während wir zuhören, passiert innerlich weit mehr, als wir bewusst wahrnehmen. Unser Gehirn reagiert, als würden wir die Geschichte selbst erleben. Wir fühlen mit, stellen uns Räume und Gesichter vor, spüren Konflikte, als wären sie unsere eigenen. Manchmal weinen, lachen oder sehen wir sogar Farben. Das jedoch ist keine Flucht aus der Realität. Es ist ihre Erweiterung. Ein inneres Mitreisen, bei dem wir gleichzeitig bei uns selbst ankommen.
Und noch etwas ganz anderes geschieht still im Hintergrund: Unser System beruhigt sich. Die Stresshormone sinken, aber die Glückshormone steigen. Die Stimme des Vorlesenden wirkt wie ein innerer Halt. Für einen Moment dürfen wir sein, ohne etwas leisten zu müssen.
Das ist selten geworden, und ich glaube, viele Menschen sehnen sich genau danach.
Denn ja, es ist schön, wenn uns jemand etwas vorliest. Aber mehr noch: Es ist auch heilsam.
Kommentare