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Eine magische Entdeckung • erster Teil

  • Autorenbild: J. L.
    J. L.
  • 6. Dez.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Dez.



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Ich war ungefähr sechs Jahre alt, als ich zu lesen begann, und dieser Sucht fröne ich bis heute.


Meine Mutter brachte mich sogar auf dem Weg zum Markt, wo sie einkaufte, in die Bibliothek, die auf dem Weg lag und sagte zu der ihr bekannten Bibliothekarin: „Pass bitte auf sie auf. Ich hole sie dann wieder ab.“


Während dieser Zeit befand ich mich in einem Raum voller Worte und Bücher, die nur mir alle für diesen Moment gehörten.

 

Ich erinnere mich an das Gefühl, etwas zu entdecken, das magisch war. Das war mein Paradies. Bücher wurden zu Türen für mich, manchmal auch zu Fluchttüren in andere Welten.

 

Was ich nicht hatte, war jemand, der mir vorlas. Warum es so war? Da lässt mich die Erinnerung im Stich. Ich war immer diejenige, die selbst las. Vielleicht fasziniert mich genau deshalb bis heute dieses berührende Erlebnis, wenn mir jemand vorliest, um mich in eine Geschichte mitzunehmen.

 

Erst als Erwachsene entdeckte ich, welche Kraft und Magie darin liegt, sich etwas vorlesen zu lassen.

 

Es ist viel mehr als nur ein passives Zuhören, weil es eine Verbindung entstehen lässt.

 

Wenn uns jemand vorliest, geschieht etwas mit uns. Eine Geschichte beginnt und auf einmal weitet und verändert sich die Welt ein bisschen. Der Atem wird etwas ruhiger, der Geist wacher. Die Stimme des anderen übernimmt für einen Moment eine Funktion, die wir alle tief in uns verankert tragen: Sicherheit. Dasein. An die Hand genommen werden.

 

All das lässt sich auch wissenschaftlich erklären, mit Begriffen wie narrative transportation oder der Aktivierung von Empathienetzwerken. Aber ehrlich gesagt brauchen wir keine Studie dazu, um zu wissen, wie sich das anfühlt. Dieses besondere Gefühl, nicht mehr allein zu sein in der eigenen Gedankenwelt.

 

Das Schöne ist: Diese Nähe entsteht auch dann, wenn wir nicht im selben Raum sind. Wenn wir miteinander eine Geschichte teilen. Ob live oder digital passiert etwas zwischen uns. Eine stille Verbundenheit. Wir hören zu, reisen mit und irgendwie sind wir dann gemeinsam unterwegs.

 

Vielleicht ist das Vorlesen deshalb so kostbar, weil es Nähe schafft, ohne etwas zu fordern und weil es in einer Welt voller Reize nichts anderes will als einfach da zu sein.



 

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